Strategie & Handlungsfelder
Nachhaltiges Handeln begreifen wir als eine Voraussetzung für unseren Geschäftserfolg. Unsere Nachhaltigkeitsstrategie ist deshalb eng mit der Unternehmensstrategie verzahnt. Nachhaltigkeit ist definitionsgemäß ein Querschnittsthema: Die damit einhergehenden Herausforderungen betreffen nahezu alle Unternehmensbereiche und beruhen auf der grundsätzlichen Balance zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Belangen. Dies bedarf einer umfassenden Steuerung. Wie das Nachhaltigkeitsmanagement der NHW organisiert ist, zeigt das Schaubild mit den jeweils Verantwortlichen im Kapitel „Über diesen Bericht/Allgemeine Angaben” unter GRI 2-9 (Führungsstruktur und Zusammensetzung).
Unternehmensleitbild
Die Klammer für nachhaltiges Wirtschaften in allen Dimensionen stellt unser Unternehmensleitbild dar, das unsere Vision, unsere Mission und unser Wertesystem zusammenfasst. Dieses Leitbild haben wir interaktiv mit unseren Mitarbeitenden entwickelt. In dessen Mittelpunkt steht die Beziehung von Mensch und Raum, aus der die eigenen Ansprüche und Handlungsmaxime als Wohnungsunternehmen und als Projekt- und Stadtentwickler abgeleitet werden. Unsere Vision ist, die Unternehmensgruppe als Nummer 1 rund um das Wohnen und Leben in der Mitte Deutschlands zu etablieren. Als Mission übernehmen wir die Verantwortung für Menschen und Lebensräume, bieten unserer Mieterschaft bezahlbaren Wohnraum für ihre individuelle Lebenssituation und sind persönlich für unsere verschiedenen Kundenkreise da. Dabei fördern wir unsere Belegschaft in ihrer persönlichen und professionellen Entwicklung. Dafür stehen unsere Werte: Wir sind verantwortungsbewusst, kompetent aus Tradition, verlässlich und nachhaltig, wir sind respektvoll, offen, freundlich und partnerschaftlich; wir sind wert(e)steigernd, zukunfts- und zielorientiert und innovativ.
Initiative Wohnen.2050
Um den Hebel der Wohnungswirtschaft auf den Klimaschutz wirkungsvoll zu nutzen, hat die NHW mit der Initiative Wohnen.2050 (IW.2050) einen Zusammenschluss engagierter Wohnungsbauunternehmen ins Leben gerufen. Dem eingetragenen Verein haben sich mittlerweile deutschlandweit rund 200 Wohnungsunternehmen (Stand 10.05.2023) und zwölf institutionelle Partnerorganisationen, darunter von Anbeginn der Spitzenverband GdW, angeschlossen. Das Bündnis vertritt somit rund zwei Millionen Wohneinheiten, die klimaneutral entwickelt werden sollen. Organisiert und betreut werden die Tätigkeiten der IW.2050 maßgeblich vom Kompetenzcenter Nachhaltigkeitsmanagement der NHW.
Primäres Ziel dieses Zusammenschlusses ist es, dass die Wohnungswirtschaft ihren Beitrag zur Einhaltung der völkerrechtlich im Pariser Abkommen aus dem Jahr 2015 definierten Klimaziele zu leisten. Da die Transformation der Wohnungswirtschaft nur als Gemeinschaftswerk gelingen kann, bündelt und schärft die IW.2050 das Know-how der erfahrenen Wohnungsunternehmen und Branchenverbände.
Um Austausch, Know-how und Wissenstransfer zu fördern, haben alleine im Jahr 2022 42 Online-Veranstaltungen mit über 2.000 Teilnehmern stattgefunden. Zudem wurden bei 19 regionalen und überregionalen Branchenveranstaltungen die Initiative Wohnen.2050, ihre Arbeit, ihre Ziele und erste Ergebnisse vom Vorstand der IW.2050 vorgestellt. Angestrebt wird, die gesamte Branche für klimabedingte Herausforderungen und Handlungserfordernisse zu sensibilisieren und so weiter voranzubringen.
Darüber hinaus will das Bündnis einen gemeinschaftlichen Weg über Sektorengrenzen hinweg finden; das betrifft einerseits die Sektorkopplung – Stichwort kommunale Wärmeplanung, andererseits gesellschaftlichen Sektoren wie Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft.
Seit ihrer Gründung hat die IW.2050 jährlich ihre Bandbreite an Fachthemen erweitert und damit einhergehend die Veranstaltungsformate angepasst. Kernthema ist nach wie vor „Klimaneutralität im Betrieb“, das wir in Schulungen, Seminaren, Peer Learnings und Pioniergruppen fortführen. Unser jährlicher Tätigkeitsbericht findet Gehör in Politik und Öffentlichkeit. Im Berichtsjahr hat die IW.2050 den Themenkomplex „Graue Emissionen“ aufgegriffen. Gestartet aus einer Pioniergruppe heraus, wurden zwei Schulungen entwickelt und durchgeführt. Ein Schwerpunkt: Nutzung des Online-Bilanzierungstool eLCA; dieses dient der Erstellung von Ökobilanzen für den Gebäudebau. Im Jahr 2023 steht „Management von Klimarisiken“ auf dem Plan; dieses Thema erwächst aus einer im Berichtsjahr gegründeten Pioniergruppe.
Klimaschutz als Herzstück unserer Nachhaltigkeitsstrategie
Unsere vor rund vier Jahren entworfene Klimastrategie haben wir 2022/2023 vollständig und umfangreich fortgeschrieben. Wir erreichten im Detaillierungsgrad der Prognosen und Szenarien eine deutliche Verbesserung. Die Verschränkung zwischen den realen Portfoliodaten unserer Bestände mit den Klimastrategie-Szenarien konnte verbessert werden. Die Prognose des Wirtschaftsplans bis 2045 haben wir aktualisiert und an die Rahmenbedingungen angepasst. Die langfristigen Prämissen für die Klimaszenarien sind ausdifferenzierter als in der alten Strategie. Die Baukosten hinterlegten wir aufgeteilt nach unterschiedlichen Gebäudekategorien und nach Eingriffstiefe. Unser Fokus lag weiterhin auf dem <2-Grad-Ziel, nicht auf der vollständigen Klimaneutralität. Eine besondere Herausforderung sehen wir im Modernisierungsdruck, der durch zusätzliche gesetzliche Anforderungen wie die Novelle der EU-Gebäuderichtlinie EPBD sowie die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) entsteht.
Grundsätzlich verfolgen wir mit unserer Klimastrategie folgende Ziele: die schlechtesten Energieeffizienzklassen im Gebäudebestand zu modernisieren und dabei gleichzeitig möglichst ergänzend die Wärmeversorgung von fossil auf regenerativ zu ändern sowie die CO2-Abgabenlast, die die NHW als Vermieterin zu schultern hat, weitestmöglich zu senken. Im Fokus der Betrachtung steht deshalb ausschließlich die Entwicklung unserer Bestände. Neubauprojekte müssen im Zuge ihrer Fertigstellung bereits zielkonform sein; ein Bestandswachstum ist bei den Szenarien nicht berücksichtigt.
Die vom Gesetzgeber beschlossene CO2-Abgabe stellt für unser Unternehmen eine finanzielle Herausforderung dar. Gemäß der aktuellen Gesetzeslage erwarten wir eine Abgabenlast für das Berichtsjahr 2022 in Höhe von rund 1,5 Mio. EUR, die die NHW für den Kohlendioxid-Ausstoß ihres Portfolios zu leisten hat.
Darüber hinaus gibt es einen „Modernisierungsdruck“ durch weitere gesetzliche Anforderungen:
- Bis 2030 müssen die beiden EU-Effizienzklassen G und H modernisiert sein. Das betrifft im Bestand der NHW etwa 9.500 Wohneinheiten (wobei die EU-Effizienzklassen mit den nationalen Effizienzklassen zu harmonisieren sind).
- Bis 2033 muss die EU-Effizienzklasse F modernisiert sein; das sind aus dem Gebäudebestand rund 7.000 Wohnungen (ohne Gebäude mit einem hohen Energiebedarf aber geringen Emissionen, die Fernwärme- oder erneuerbar versorgt sind).
Bei der Überarbeitung unserer Klimastrategie betrachteten wir die Bewertungsgrößen CO2-Emissionen und Energieeffizienz kombiniert. Infolgedessen haben wir bei unserem Wohnungsbestand klimastrategische Cluster erstellt – nach Energieversorgung, Energieeffizienz und Baualtersklasse. Damit wollen wir die anstehende Modernisierung von Objekten sinnvoll priorisieren und geeignete Maßnahmenpakete ableiten.
Anschließend haben wir drei Referenzszenarien bis zum Jahr 2045 abgeleitet:
Entwicklung der CO2-Emissionen
1. Real-Szenario:
Klimastrategische Optimierung „aus eigener Kraft” – 17,5 kg CO2/m²a bis 2045
Einsparung von 45 % zum Referenzjahr 2021. Den Zielwert 17,5 kg CO2/m²a im Jahr 2045 inklusive 50 % Gaskessel am Wärmemix schaffen wir ohne nennenswerte Förderung. Das bedeutet: ohne die Eigenkapitalquote von 30 % zu unterschreiten, mit Fremdkapital sowie minimalen jährlichen Zuschüssen und bei Vermeidung eines negativen Jahresüberschusses, um unsere Bonität zu erhalten. Die ökonomische Belastbarkeit dieses Wertes geht jedoch zulasten der gesetzten Klimaziele, auch wenn dieses Szenario eine leichte Verbesserung gegenüber unserer ersten Klimastrategie darstellt.
2. Konzernszenario:
Beibehaltung des bisherigen Zielkorridors – circa 11 kg/m²a bis 2045
66 % Einsparung im Vergleich zu 2021. Nur unter Inanspruchnahme von Zuschüssen über den bisherigen Fördermittelanspruch hinaus möglich; Zuschussbedarf durchschnittlich rund 147 Mio. € jährlich zwischen den Jahren 2028 und 2045.
3. Anforderungs-Szenario:
Nahezu klimaneutral mit 1,5 kg CO2/m²a im Zieljahr 2045
Einsparung von 94 % im Vergleich zum Referenzjahr 2021. Dieses Ziel ist nur erreichbar bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von Zuschüssen über den bisherigen Fördermittelanspruch hinaus und bei zusätzlichen externen Mittelzuflüssen; Zuschussbedarf rund 267 Mio. € jährlich.
Da die nötigen Zuschüsse der Szenarien 2 und 3 nicht in der nötigen Höhe bereitgestellt werden dürften, wollen wir den „Hebel €/CO2” optimieren, indem wir pro eingesetzten Euro eine möglichst hohe CO2-Einsparung erreichen. Die beste Lösung ist dabei die Umstellung der Energieträger von fossil auf regenerativ, möglichst ohne weitere Maßnahmen am Gebäude.
Hier nochmals die drei Szenarien mit allen Details auf einen Blick:
NHW-Klimastrategiefortschreibung
Gesamtübersicht der drei Szenarien
Wesentliche Modellprämissen
Nur Modernisierung
- Neubau- und schlüsselfertige Ankaufsobjekte müssen die Zielanforderungen ohne Veränderungsmaßnahmen erreichen können.
- Beibehaltung des im Rahmen der Klimastrategie 2019 festgelegten energetischen Niveaus der Gebäudehülle* in Verbindung mit dem Wechsel zu regenerativen Energieträgern.
CO2-Emissionen
- Strom: ab 2035 fast vollständig aus erneuerbaren Quellen (Entwurf EEG), Restemissionen von 1 g/kWhm²a in 2045.
- Fernwärme: linearer Ansatz der zunehmenden Klimaneutralität.
- Substitution Erdgas: symbolische Darstellung des Bezugs von Bio-Methan ab 2030 beginnend. Beschaffungswahrscheinlichkeit ist aktuell als sehr gering zu bewerten.
EK-Quote ≥ 30%
- Positiver Jahresüberschuss
- Aufrechterhaltung des sozialen Auftrags bei den Mietpreisen (Modernisierung kann nur in sehr eingeschränktem Maß durch Umlage / höhere Mietpreise finanziert werden).
- Modernisierungsbudget für Real-Szenario: 70 Mio. € ab 2028
Kosten
- CO2-Abgabe: 65 €/t in 2026,danach jährlich +10 €/t
- Baukosten: jährlich +7% bis 2025, danach jährlich +3%.
- Finanzierung: 3,5%
* Eine Verschärfung der Hüllstandards der Einzelgebäude führt zu geringerer CO2-Emissionsminderung im Portfolio.
Durch die Fortschreibung unserer Klimastrategie hat sich für unser Nachhaltigkeitsmanagement folgende Stoßrichtung herauskristallisiert:
- Durch die auf Basis unserer Klimastrategie festgelegten Maßnahmen und Modernisierungsszenarien senkten wir bis Ende 2022 die CO2-Emissionen unseres Portfolios um 1,1 %. Wir befinden uns aktuell auf dem Zielpfad – entsprechend werden die Zielvorgaben der Modernisierung beibehalten. Dank der zweckgebundenen Eigenkapitalerhöhung durch unseren Haupteigentümer, das Land Hessen, in Höhe von 200 Mio. € können wir nach derzeitigem Stand unseren Konzern-Zielpfad noch bis 2028 halten. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt seitens der Bundesregierung keine verbesserte wirtschaftliche Gesamtsituation eintritt, werden wir den Konzern-Zielpfad aus Gründen der ökonomischen Belastbarkeit verlassen müssen.
- Der Umfang der notwendigen Maßnahmen kann nur standardisiert effizient umgesetzt werden. Kurzfristige Änderungen der Rahmenbedingungen gefährden die Umsetzung der Maßnahmen und bremsen die Prozesse aus.
- Unseren Fokus legen wir weiterhin auf die Modernisierung der energieintensiven, nicht-regenerativ versorgten Bestandsobjekte.
- Um unseren Modernisierungsfahrplan zu unterstützen, ist portfoliostrategisch bei jedem Einzelobjekt auch Bestandsabriss und Neubau in die Betrachtung einzubeziehen und zu bewerten.
- Die Refinanzierung der Anstrengungen zur Reduktion der CO2-Emissionen ist bei Aufrechterhaltung des sozialen Auftrags unseres Unternehmens nicht möglich. Wir benötigen Zuschüsse, die unsere Investitionskosten reduzieren, um langfristig handeln zu können.
Planungen für die Zukunft und Modernisierungsbilanz
Im Jahr 2023 werden wir verschiedene Handlungsoptionen analysieren, um den Energiebedarf zu senken. So wollen wir geringinvestive Kleinmaßnahmen untersuchen, beispielsweise die Dämmung der obersten Geschoss- und der Kellerdecke. Auch die Substitution von Erdgas durch andere Energieträger wie Wärmepumpe oder Fernwärme beziehen wir in unsere Bewertungen ein. Wir haben als Konsequenz aus der geplanten Novelle der EU-Gebäuderichtlinie in unserem aktuellen Fünf-Jahres-Modernisierungsplan die Priorisierung der Gebäude nochmals verschärft und einzelne Quartiersmaßnahmen, die noch Gebäude der Klassen D und E enthielten, aus der Umsetzung genommen. Dies geschah zugunsten der Priorisierung der schlechtesten Effizienzklassen F, G und H.
Die sukzessive Modernisierung der Wohnungsbestände ist einer der wichtigsten Hebel zur Erreichung der Klimaziele. Dank der Erhöhung des Eigenkapitals durch das Land Hessen stehen in den Jahren zwischen 2021 und 2027 im Durchschnitt rund 118 Mio. EUR jährlich zur Modernisierung und Instandhaltung der Wohnungsbestände bereit. Bis einschließlich 2027 existieren damit Mittel, um auf dem Konzern-Zielpfad zu verbleiben. Allerdings klafft nach Auslaufen des Effektes der Eigenkapitalerhöhung durch das Land Hessen für die Jahre 2028 bis 2045 eine erhebliche Finanzierungslücke. Diese muss geschlossen werden, da sonst die Ziele der Klimastrategie und somit die Zielvereinbarung mit dem Land Hessen nicht erreicht werden können.
Unsere Modernisierungsbilanz im Berichtsjahr:
- 31 bezugsfertiggestellte Modernisierungsprojekte
- 41.465 m² bezugsfertiggestellte und modernisierte Wohnfläche
- 716 bezugsfertiggestellte und modernisierte Wohneinheiten
Mehr Details zu unseren Modernisierungen finden sich im Kapitel zum Klimaschutz.
Verfahren zur Bestimmung wesentlicher Themen
Die Weiterentwicklung unserer Nachhaltigkeitsstrategie umfasste auch eine neue Materialitätsanalyse. Diese führten wir im Berichtsjahr durch, um einerseits dem GRI Standards 2021 Update zu genügen und andererseits kommende Anforderungen, beispielsweise aufgrund der EU-Direktive CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), vorzubereiten.
Dazu selektierten wir im Projektteam zunächst die Fokusthemen, die wir aus den bestehenden Themensammlungen 2018, 2021 und 2022 konsolidierten. Wir analysierten den Status quo zu diesen Themen und bezogen die Ergebnisse der Risikobewertung ein. Zusätzlich führten wir eine Recherche zu Ratings und den CSRD-Anforderungen durch. Als zu bearbeitende Aufgaben nahmen wir daraus mit, dass die Berichterstattung detaillierter auf konkrete Maßnahmen und Ziele eingehen muss. Neben dem höheren Detaillierungsgrad ist eine Analyse erforderlich, die mehr in die Tiefe geht. Auch Zielkonflikte zwischen Interessensgruppen und offene Punkte müssen transparenter beschrieben werden.
Der Materialitätsworkshop umfasste zudem ein Benchmarking im Marktumfeld. Wir betrachteten dazu die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen in der Wohnungswirtschaft im Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Anschließend überarbeiteten wir unsere eigene Materialitätsmatrix, indem wir die Themen priorisierten: Die Bewertung jedes wesentlichen Themas erfolgt hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft sowie um eine potenzielle Geschäftsrelevanz mit ihren Chancen und Risiken (siehe Schaubild unter GRI 3-2 Liste der wesentlichen Themen).
Dazu nahmen wir einerseits die Inside-out-Perspektive (Auswirkungen unserer Unternehmenstätigkeit auf Wirtschaft, Umwelt und Personen) in den Blick, andererseits untersuchten wir die Outside-in-Perspektive. Hier fragten wir beispielsweise nach den Auswirkungen der geforderten Nachhaltigkeitsaktivitäten auf unser Geschäft. Wir greifen damit teilweise der künftig geforderten „doppelten Wesentlichkeit“ vor, die sich aus den verbindlichen EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung ergeben werden: Die Verabschiedung der ESRS (European Sustainability Reporting Standards) ist für 2023 geplant.
Für die Materialitätsanalyse im Berichtsjahr interviewten wir die Mitglieder der Geschäftsführung. Im Jahr 2023 planen wir einen GRI-konformen Materialitätsprozess; dazu führten wir im ersten Halbjahr bereits eine Stakeholderbefragung durch. Zunächst recherchierten wir Meinungen und Bedürfnisse verschiedener Interessengruppen. Anschließend führten wir Interviews mit den Gesellschafter:innen sowie mit externen Stakeholdern wie dem BUND durch und starteten eine Mitarbeiterumfrage. Vorrangig ging es um eine Bewertung der wesentlichen Themen. Wir erfragten bei den Externen allerdings auch Wünsche zu Kommunikationsformaten mit NHW sowie Empfehlungen und Anregungen für das zukünftige Nachhaltigkeitsmanagement. Die Ergebnisse dazu finden sich in den Kapiteln zu unseren zwölf wesentlichen Themen wieder (Einbindung von Interessengruppen).
Die weitere Entwicklung unserer Nachhaltigkeitsstrategie wird sich noch stärker auf die Anforderungen der CSRD, des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und der EU-Taxonomie fokussieren.
GRI 3-1
Liste der wesentlichen Themen
Die zwölf als wesentlich identifizierten Themen teilten wir in drei Gruppen – Environment, Social und Governance (ESG) – und bildeten gemäß des unter GRI 3-1 beschriebenen Verfahrens folgende Rangordnung:
ESG | Thema | Geschäftsrelevanz | Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft | Gesamt | ||
---|---|---|---|---|---|---|
◉ | 1 | E | Klimaschutz | 10 | 10 | 20 |
◉ | 2 | S | Sozialverträgliches Wohnen | 10 | 10 | 20 |
◉ | 3 | S | Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion | 9 | 8 | 17 |
◉ | 4 | E | Kreislaufwirtschaft | 7 | 8 | 15 |
◉ | 5 | S | Attraktive Arbeitsbedingungen | 10 | 3 | 13 |
◉ | 6 | G | Ethisches Wirtschaften und Compliance | 9 | 4 | 13 |
◉ | 7 | S | Aus- und Weiterbildung, Change-Kompetenz | 9 | 4 | 13 |
◉ | 8 | G | Nachhaltige Lieferkette | 7 | 5 | 12 |
◉ | 9 | E | Klimaanpassung | 6 | 4 | 10 |
◉ | 10 | E | Schutz der Umwelt und Biodiversität | 5 | 4 | 9 |
◉ | 11 | G | Kommunikation und Gesellschaftliches Engagement | 4 | 5 | 9 |
◉ | 12 | G | ESG-Risikomanagement | 6 | 2 | 8 |
Die Erläuterung, warum diese Themen wesentlich für unser Unternehmen sind, erfolgt in den jeweils zugeordneten Kapiteln. Grundsätzlich haben wir alle diese Themen bereits in den vorangegangenen Nachhaltigkeitsberichten behandelt. Teilweise fassen wir die wesentlichen Themen nun weiter oder differenzieren sie stärker aus, was in den jeweiligen Kapiteln beschrieben ist.
GRI 3-2
Das Handlungsfeldmodell der Unternehmensgruppe
Acht Handlungsfelder verorten das Thema Nachhaltigkeit bei der Unternehmensgruppe. Die Verantwortung für die Fortentwicklung der Handlungsfelder trägt die Lenkungsgruppe Nachhaltigkeit als zentrales Beratungsgremium. Eindeutig benannte Handlungsfeldverantwortliche fungieren als fachliche Ansprechpersonen.
Bei der im Berichtsjahr erneut durchgeführten Materialitätsanalyse ordneten wir die zwölf als wesentlich identifizierten Themen den einzelnen Handlungsfeldern zu.
Das Handlungsfeldmodell der Unternehmensgruppe
Mieter:innen- und Kund:innenbelange
Gesellschaftlicher Mehrwert
Zukunftsfähigkeit des Kerngeschäfts
Handlungsfeld 1
Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement/ Energetische und soziale Quartiersentwicklung
Bestandsentwicklung und Werterhalt erfolgt unter der Prämisse der größtmöglichen Maximierung positiver Effekte für unsere Mieter:innen, den Umwelt- und Klimaschutz sowie die Zukunftssicherung unseres Kerngeschäfts.
Verantwortlich
Leitung Koordination Immobilienmanagement
Wesentliche Themen:
Klimaschutz, Klimaanpassung, Kreislaufwirtschaft, Schutz der Umwelt und Biodiversität, Sozialverträgliches Wohnen, Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion, ESG-Risikomanagement
Handlungsfeld 2
Nachhaltigkeit im Bau und Betrieb
Gebäude mit hoher Qualität mit möglichst geringen Auswirkungen auf Umwelt und Mieter:innen zu optimierten Kosten errichten, modernisieren und betreiben. Hierzu betrachten wir den gesamten Lebenszyklus inkl. Lieferkette und Entsorgung.
Verantwortlich
Leitung Modernisierung / Großinstandhaltung Leitung Neubau
Wesentliche Themen:
Klimaschutz, Klimaanpassung, Kreislaufwirtschaft, Schutz der Umwelt und Biodiversität, Nachhaltige Lieferkette
Handlungsfeld 3
Verantwortungsvolle Beschaffung
Steigerung von Nachhaltigkeit in der Lieferkette zur Erreichung von Wirtschaftlichkeits-, Risiko-, Qualitäts- und Nachhaltigkeitszielen.
Verantwortlich
Leitung Einkauf und Vertragsmanagement
Wesentliche Themen:
Kreislaufwirtschaft, Ethisches Wirtschaften und Compliance, Nachhaltige Lieferkette
Handlungsfeld 4
Nachhaltige Stadtentwicklung
Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum durch Innenentwicklung und Flächenrecycling.
Verantwortlich
Leitung Stadtentwicklung
Wesentliche Themen:
Klimaanpassung, Schutz der Umwelt und Biodiversität, Sozialverträgliches Wohnen
Handlungsfeld 5
Mitarbeiter:innen und Arbeitswelten
Personal: Training, Aus- und Weiterbildung, Know-how-Entwicklung und -Transfer sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Beruf und Familie, Antidiskriminierung.
Verantwortlich
Personalbetreuung und Personalrecruiting
Wesentliche Themen:
Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion, Attraktive Arbeitsbedingungen, Aus- und Weiterbildung/Change-Kompetenz, Kommunikation und gesellschaftliches Engagement
Handlungsfeld 6
Strategie
Definition einer zukunftsfähigen Zwei-Grad-Ziel-Klimastrategie, Ermittlung der Investitionskosten und Integration von Nachhaltigkeit in Geschäftsprozesse.
Verantwortlich
Leitung Nachhaltigkeitsmanagement
Wesentliche Themen:
Klimaschutz, Ethisches Wirtschaften und Compliance, Kommunikation und gesellschaftliches Engagement, ESG-Risikomanagement
Handlungsfeld 7
Investitionsmanagement / -strategie
Investitionsmanagement Bestand / Nutzung nachhaltiger / grüner Geldanlagen und Kredite zur Finanzierung der Bestandsentwicklung.
Verantwortlich
Leitung Portfolio- und Mietenmanagement
Leitung Unternehmensfinanzierung
Wesentliche Themen:
Ethisches Wirtschaften und Compliance, Kommunikation und gesellschaftliches Engagement
Handlungsfeld 8
Nachhaltige Mobilität
Beitrag zur Verkehrswende und Sektorkopplung durch innovative Mobilitätskonzepte.
Verantwortlich
Leitung Konzernservices
Leitung Personal und Recht
Leitung Regionalcenter Wiesbaden
Wesentliche Themen:
Klimaschutz, Kommunikation und gesellschaftliches Engagement
Wirkungsmessung mit den Sustainable Development Goals (SDGs)
Um herauszufinden, wo NHW ihre wirkungsvollsten Hebel für eine nachhaltige Entwicklung hat, führten wir im Jahr 2021 eine umfassende Analyse auf Basis der UN-Nachhaltigkeitsziele Sustainable Development Goals (SDGs) durch. Ziel war es, für uns relevante SDGs zu priorisieren, den Beitrag der NHW zu den Zielen zu quantifizieren und diesen perspektivisch auszubauen. Hierbei hat sich die Unternehmensgruppe als erstes Wohnbauunternehmen Deutschlands des Future-Fit Business Benchmarks bedient. Das wissenschaftlich basierte Framework speist sich aus 23 Break-even-Zielen, die jedes Unternehmen – unabhängig von seiner Größe oder Branche – erreichen muss, um im Rahmen der planetaren Grenzen zukunftsfähig zu sein.
Vorgehen und Ausblick
- Identifikation der relevanten SDGs mithilfe des sogenannten SDG Action Managers
- Quantifizierung des Beitrags zu den priorisierten SDGs unter Anwendung des Future-Fit Business Benchmarks
- Erarbeitung von Maßnahmen zur Schließung der Informationslücken und Verbesserung des Status quo
- Umsetzung von Maßnahmen und Erarbeitung von Kommunikationsformaten zur Darstellung des SDG-Beitrags
Beitrag der NHW zu den SDGs
Bei folgenden SDGs hat die NHW durch ihr Kerngeschäft den größten Einfluss auf eine nachhaltige Entwicklung:
SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen
Gesundheit und Wohlergehen ihrer Mitarbeiter:innen sind die Grundlage für die Handlungsfähigkeit der NHW. Ebenso trägt die NHW Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mieter:innen und erfüllt ihren Gesellschaftsauftrag, indem sie sicheren und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellt.
Unternehmensbeitrag NHW (Auswahl):
- Betriebliches Gesundheitsmanagement
- Wahrnehmung der Betreiber:innenverantwortung durch u. a. Sicherheitsbeurteilungen, Schutzmaßnahmen
- Einsatz von schadstofffreien Materialien im Bau und Betrieb
- Entsorgung von Altlasten und Gebäudeschadstoffen
- Schulung interner Fachleute in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB)
SDG 7: Bezahlbare und saubere Energie
Die NHW hat als Teil der energieintensiven Immobilien- und Wohnungsbaubranche eine zentrale Verantwortung für die Bereitstellung von energieeffizientem Wohnraum und die Verringerung der Abhängigkeit von endlichen Ressourcen.
Unternehmensbeitrag NHW (Auswahl):
- Zielvereinbarung Land Hessen und Klimastrategie: Einsatz von erneuerbaren Energien erhöhen auf bis zu 100 Prozent bei Wärmeversorgung und Strom
- Energieeinsparungen und Energieeffizienz bei Bau und Modernisierung
- Mieter:innenstromprojekte: Eigene PV-Anlagen und Blockheizkraftwerke zur lokalen Nutzung durch Mieter:innen und Einspeisung ins Netz
SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
Als verantwortungsvolle Arbeitgeberin, Ausbildungsbetrieb und durch die Zusammenarbeit mit Dienstleister:innen und Lieferant:innen kann die NHW zu guten, inklusiven Arbeitsverhältnissen beitragen und nachhaltiges Wirtschaftswachstum entlang ihrer Wertschöpfungsketten fördern.
Unternehmensbeitrag NHW (Auswahl):
- Breit gefächerte Ausbildung im eigenen Betrieb
- Ausgezeichnete Einstiegsmöglichkeiten und Entwicklungsperspektiven für Beschäftigte Integration von Sicherheit und Gesundheit in Kultur und Abläufe des Unternehmens
- Zielquote für Frauen bis zur dritten Führungsebene verabschiedet
- Unterzeichnerin der Charta der Vielfalt
- Verpflichtender Verhaltenskodex für Dienstleister:innen und Lieferant:innen
SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden
Bau, Betrieb und Entwicklung von Wohnraum sind Kerngeschäft der NHW. Mit ihrem Gesellschaftsauftrag leistet die NHW einen maßgeblichen Beitrag zu nachhaltigen Städten und Gemeinden. Durch die Gestaltung von Außenflächen und Siedlungsinfrastrukturen trägt das Unternehmen zu einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung bei.
Unternehmensbeitrag NHW (Auswahl):
- Gesellschaftsauftrag: Sicheren und sozial verantwortbaren Wohnraum zur Verfügung stellen
- Partizipative Stadtentwicklung durch Bürger:innenbeteiligungen
- ProjektStadt: Stadtentwicklung, Beratung von Kommunen und Gemeinden
- Bauland-Offensive Hessen: Neubaupotenzial für bezahlbares Wohnen heben
- Freiflächenmanagement: Förderung der Biodiversität bspw. durch Insektenwiesen
SDG 12: Nachhaltige / r Konsum und Produktion
Natürliche Ressourcen und Materialien, intakte Böden, schadstofffreie Flächen und der Umgang mit Abfall sind eng mit dem Kerngeschäft der NHW verknüpft. Bei der Beschaffung von Materialien und Bauprodukten hat die NHW einen direkten Einfluss auf nachhaltigen Konsum.
Unternehmensbeitrag NHW (Auswahl):
- Nachhaltigkeitsbewertung von Bauprodukten
- Berücksichtigung von Nachhaltigkeits-Zertifikaten wie Blauer Engel
- Überprüfung auf Altlasten und Gebäudeschadstoffe bei Neubauvorhaben und Sanierung kontaminierter Flächen
- Management und Analyse von Ressourcenverbräuchen
- Weiterverwendung von IT-Geräten
SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz
Die NHW stellt sich den Aufgaben und Herausforderungen, die sich bei der Transformation ihres Kerngeschäfts durch den Klimawandel ergeben. Der Zusammenschluss mit der Wohnungswirtschaft ist erforderlich, um den notwendigen Wandel in die Breite zu tragen.
Unternehmensbeitrag NHW (Auswahl):
- Konzernweite Klimastrategie mit dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes im Jahr 2045
- InitiativeWohnen.2050 zur Mobilisierung der Wohnungsbranche
- Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in der Stadtentwicklung bspw. durch Entwicklung von Maßnahmen zur Energiereduktion und gegen Überhitzung von Städten
- Sensibilisierung der Mieter:innen für klimaschonendes Nutzungsverhalten durch kostenlose Energiesparberatung